Bäume pflanzen in der Wüste

Umfragen gehen davon aus, dass acht von zehn Menschen in Deutschland eine andere Wirtschaftsordnung wollen, weil sie wissen oder mindestens ahnen, dass es auf den ausgetretenen Pfaden so nicht mehr weiter gehen kann. Und wenn es schon so viele sind, warum verändert sich dann nicht längst viel mehr?

Der Israeli Arie Ben David machte mich einmal auf eine Begriffstrias aufmerksam, die mir sofort eingeleuchtet ist und die ich seitdem selbst gern verwende. Arie unterscheidet die Ebenen der Information, der Interaktion und der Transaktion voneinander. Als jahrelang erfahrener Aktivist für komplementäre Währungen verfügt er über reiche Erfahrungen mit sozialen und wirtschaftlichen Prozessen. Er hat vielfach erlebt und erlitten, dass der Grad engagierter Begeisterung bei den meisten Menschen von der Information über die Interaktion bis zur Transaktion rapide abnimmt. Bis zur Ebene tatsächlicher Taten gelangen weit weniger Menschen, als sich in leidenschaftlichen Diskussionen für eine gute Sache engagieren. So ist das Leben. Das kenne ich auch.

Es ist also einerseits klar, dass wir uns engagieren können. Der Möglichkeiten sind viele. Wir können uns auch darin sicher sein, dass bereits kleinste Schritte große Wirkungen entfalten können. Den alten Afrikaner Yacouba hatte man erst mal verspottet und verhöhnt. Er hatte in den 60er-Jahren, als in Afrika wiedermal eine Hungernot wütete, damit begonnen, am Rand der Sahelzone in den sandigen Wüstenboden hinein Bäume zu pflanzen. Es musste möglich sein, so ahnte er, aus unwirtlichem, vermeintlich unfruchtbarem Land etwas zu machen. So legte er los, grub seine Pflanzlöcher und setzte die Samen. Bis heute ist durch ihn auf diese Weise und durch seinen Einsatz ein großer, ansehnlicher Wald entstanden, wo vorher einfach nichts war und wuchs. Yacouba bestellt ebenfalls Felder, von denen er überreichlich Hirse erntet, die inzwischen auch weitere Menschen ernährt, weil die Erträge für ihn allein viel zu groß geworden sind. Die Kritiker von einst sind längst verstummt, während nun von überall her Bauern kommen, um von Yacouba zu lernen, wie man der Wüste Fruchtbarkeit abtrotzen kann.

Es ist schon einige Jahrzehnte her, als eine einst erfolgreiche Hoteliersfamilie nach dem totalen wirtschaftlichen Zusammenbruch an einem von Müll übersäten, trostlosen Ort ankam. Der Familie war nur ein Wohnwagen geblieben, in dem sie nun alle wohnten und der irgendwo, in diesem Fall sozusagen im „Nirgendwo“ stehen musste. Was sollte man nun tun? Peter und Eileen Caddy studierten in Schlechtwetter-Zeiten Gartenbücher und begannen, wenn es im schottischen Findhorn einmal ausnahmsweise nicht regnete, damit, einen Garten anzulegen. „Gartenbau in Findhorn schien aber so absurd zu sein wie Noahs Bau einer Arche als kein Wasser da war. Wir befanden uns auf einer schmalen, sandigen Halbinsel, die am Moray Firth in die Nordsee ragte, und waren ständig von allen Seiten dem Wind ausgesetzt. … Am schlimmsten war der Boden: nichts als Sand und Kies, von Quecken zusammengehalten.“ (Peter Caddy, in „The Findhorn Garden“, New York 1972) Entstanden ist mit den Jahren ein Ökodorf, das nach wie vor weltweit viele Menschen inspiriert und zur Gründung vieler weiterer Ökodörfer beigetragen hat. Die Taten Einzelner konnten auch dort trotz widrigster Umstände Fruchtbares bewirken, weil sich die Unablässigkeit Bahn brechen konnte, die Menschen zu ihrer wahren Kraft geführt hat.

Wenn wir uns solchen Beispielen zuwenden, können wir einerseits Ermutigung erfahren. Andererseits erkennen wir unschwer, wie fatal es ist, wenn wir damit beginnen, an unseren eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten derart zu zweifeln, dass wir uns schließlich im Nichtstun schon nicht mehr unwohl fühlen. Diese scheinbare Gelassenheit, die eigentlich Ignoranz der übelsten Art ist, gedeiht im Klima unserer technisierten und monetarisierten Welt wunderbar – und zwar zum Schaden aller, auch unserer selbst.