Kommunikation ist ein vielschichtiger, diffiziler Prozess. Er beruht sowohl auf den Fähigkeiten der Wahrnehmung, wie denen, das zu deuten, was uns durch unsere Sinne vermittelt wird. Beide Fähigkeiten, die der Wahrnehmung und die der Deutung, werden durch die Welt der digitalisierten Kommunikation ebenso unterminiert, wie sie durch die Verbindung mit der Natur gefördert und verstärkt werden.
Global vernetzt auch ohne Internet
Wir Menschen befinden uns leiblich im Zustand der Gesundheit in einem „Betriebsmodus“, der uns unseren Leib wenig bis gar nicht spüren lässt. Alle Organe und Systeme tun ihren Dienst in einem Miteinander, das keine direkte, willentliche Einflussnahme durch uns erfordert. Wenn dann zum Beispiel plötzlich Gefahr droht und sich Adrenalin in unseren Blutbahnen breit macht, steigen Herzfrequenz und Blutdruck. Die Aktivität unseres Gehirns und unserer Sinne steigt mächtig an. Wir sind plötzlich hellwach und höchst leistungsbereit. Insgesamt gehen die leiblichen Funktionen in einen der Situation angemessenen Idealzustand über. Dieses Beispiel zeigt: Unser Leib ist ein Musterbeispiel für gelungene Kommunikation!
Möglicherweise gilt für die Erde als Gesamtlebensraum etwas ähnliches. Johannes Kepler bemerkte schon Anfang des 17. Jahrhunderts: „Die Erde ist ein Leib, dem ein Lebewesen zugehört.“ Der Blick auf die Komplexität der Lebensvorgänge in der uns umgebenden Welt legt solches tatsächlich nahe. Der ökologische oder tiefenökologische Blick erschließt, dass sich Leben immer in Systemen ereignet, die in enger und, solange sie ungestört sind, idealer Weise miteinander kooperieren und kommunizieren. Nichts in der Lebewesenwelt ist ohne Sinn und Bedeutung. Und vermutlich ist alles auch mit einer gemeinsamen Intelligenz verbunden, die kleinste Einzelheiten ebenso berührt, wie auch das größte Ganze.
Die Forschungen und Aussagen des britischen Biologen und Autors Rupert Sheldrake legen die Vermutung nahe, dass die Natur tatsächlich über ein ihr innewohnendes Bewusstsein und Gedächtnis verfügt. Sheldrake spricht von „morphischen Feldern“, wenn er daran geht, das Erscheinen von Leben in unterschiedlichen Formen an unterschiedlichen Orten zu beschreiben. Nun ja: Ungewöhnlich und von vielen Evolutionsbiologen umstritten ist die Hypothese schon, dass nämlich die Natur über ein übergeordnetes Bewusstsein verfüge. Ist „das Leben“ für sich genommen intelligent? Kommt es im Weltganzen „von sich aus“ zu jeweils optimalen und situationsgerechten Reaktionen, die denen eines menschlichen Leibes vergleichbar sind? Wenn dem so wäre, und viele Phänomene legen das nah, wären die Analogien für optimales Kommunizieren berechtigt in der natürlichen Welt um uns herum zu suchen. Die Natur, die ganze Welt der Lebewesen auf unserer Erde, würde zur besten Lehrmeisterin für das, was uns in idealen Kommunikationen miteinander so zu verbinden vermag, dass wir unsere Ziele auf kürzesten Wegen effizient erreichen.
Nehmen wir an, das Rupert Sheldrake Recht hat und das es eine Intelligenz gibt, die alles Leben miteinander verbindet, wäre auch unser Bewusstsein mit diesem großen Ganzen dauernd verbunden. Die Menschheit wäre mehr, als die Summe ihrer Teile. Mit seinem Buch „Wir sind der Wandel“ (Emmendingen 2010) setzt der Umweltaktivist, Unternehmer, Journalist und Autor Paul Hawken genau bei dieser Hypothese an. Als Vortragsreisender erschloss sich ihm irgendwann als erstaunliches Phänomen, dass von zahllosen Menschen für die verschiedensten Gebiete, in denen wir uns gegenwärtig menschheitlich herausgefordert sehen, Lösungsansätze und Expertisen dafür entwickelt wurden, die Erde enkeltauglich und ökologisch sinnvoll zu gestalten. Mehr noch! Paul Hawken entdeckte, dass sich die verschiedenen Entwicklungen kongruent zueinander ereigneten, obwohl es keine direkte Verständigung von Gruppe zu Gruppe gab. Das Wissen für das, was der Erde und den Lebewesen auf ihr Not tut, scheint sich im Sinne einer idealen Kommunikation auszubreiten, ohne dass es dafür eines besonderen menschlichen Zutuns bedarf. Paul Hawken gab seinem Buch den Satz „Warum die Rettung der Erde bereits voll im Gang ist – und kaum einer es bemerkt“ mit auf den Weg und spricht davon, dass sich die Vernetzung und Lenkung von Menschen zum Wohl der Erde faktisch so ereignet, als wäre das „Immunsystem der Erde“ am Werk.
Wohltuend und ermutigend sind solche Perspektiven zweifellos, denn sie lassen darauf vertrauen, dass es, Gott sei Dank, immer mehr und klügeres gibt, als den allein auf egoistische und konkurrierende Einzelinteressen ausgerichteten menschlichen Verstand. Und in diesem „Mehr“ und „Klüger“ funktioniert Kommunikation derart optimal und effizient, dass es höchst sinnvoll ist, sich um eine bewusste Verbindung mit dem „Lebewesen Erde“ zu bemühen. Aber das ist in der heutigen Alltagswelt nicht leicht!