Die industrialisierte, konventionelle Landwirtschaft schafft mehr Probleme, als sie löst. Mit ihrem neuen Buch, das seit kurzem auch in deutscher Übersetzung vorliegt, nimmt Vandana Shiva sich dessen wieder an. In sieben Hauptkapiteln stellt sie die konventionelle und ökologische Landwirtschaft einander gegenüber und entwirft einen weitreichenden Überblick zu Methoden, Mitteln und Folgen.
Schonungslos wird beschrieben, was sonst gemeinhin verschwiegen wird: „Die Pseudoproduktivität [der konventionellen Landwirtschaft] verdeckt die wahren Kosten der Schäden, die die Erde und die Gesellschaft zu tragen haben”, und aufgezeigt, dass eben diese Kosten die Grundlage für all jene Krisen sind, die mit der industriellen Landwirtschaft zusammenhängen.
Demgegenüber erweisen sich kleinbäuerliche Betriebe tatsächlich als erfolg- und ertragreicher als große. Dass Shiva zum Beleg vor allem über derlei Betriebe in Indien schreibt, kann man ihr nachsehen, denn der Effekt ist auch in unseren Breiten inzwischen gut bekannt. Ebenso verhält es sich mit dem respektvollen Verhältnis zur Natur, in dem beispielsweise erkannt wird, „...dass die wichtigsten Erzeugnisse des Waldes nicht Holz, Harz und Einkommen seien, sondern Boden, Wasser und reine Luft.” Das gilt weltweit.
Global ist ebenfalls das Problem der Erosion und der Erhalt des Humus insbesondere in kleinen Betrieben. Shiva weißt darauf hin, dass der Kreislauf der Nachhaltigkeit verstärkt werden kann. Die Beschreibungen der Effekte, die insbesondere mit der kleinbäuerlichen, ökologischen Landwirtschaft erzielt werden können, sind in diesem Buch besonders gelungen.
Dass angesichts der abnehmenden Qualität der Saaten Gentechnik eine sinnvolle Lösung ist, darf bezweifelt werden. Tragfähiger und zielführender ist, was sich schon seit Generationen bewährt hat. „Bauernsorten sind Sorten, die von Bauern entwickelt und über viele Generationen hinweg angebaut wurden, um ihren ökologischen, ernährungsphysiologischen, medizinischen und ressourcenbezogenen Bedürfnissen gerecht zu werden. Ihre physischen und genetischen Eigenschaften sind relativ stabil.”
Eine ganzheitliche Sicht wird auf das Leben im Boden angewendet. „Die Wechselwirkungen zwischen den Bodenorganismen bilden ein Netz des Lebens, genau wie das Netz, das Biologen über der Erde untersuchen. […] Wenn der Gartenboden gesund ist, gibt es eine große Anzahl von Bakterien und bakterienfressenden Organismen.” Aber es sind chemische Dünger sowie Mittel zur Insekten- und Unkrautbekämpfung, die die Bodenorganismen töten und dadurch das natürliche Gleichgewicht zwischen Krankheitserregern und nützlichen Organismen im Boden erschüttern.
„Wir müssen uns von der Gewalt in der Landwirtschaft befreien, die zum Verschwinden der biologischen Vielfalt führt, Mangel schafft und Pflanzen und Tieren, einschließlich Menschen, schadet”, schreibt Shiva und betont: „Wir müssen Sorgfalt und Mitgefühl in unsere Lebensmittel- und Landwirtschaftssysteme zurückbringen.” Das ist ein gutes Motto für eine Agrarwende, um die es seit nun schon über einhundert Jahren geht, und der sich die Autorin so sehr verbunden fühlt. Man stimmt ihr zu, wenn Sie schreibt: „Die Art und Weise, wie wir unsere Lebensmittel erzeugen und verteilen, ist der wichtigste Faktor für die Nachhaltigkeit der Wirtschaft der Natur und der Menschen, einschließlich des Lebensunterhalts der Bauern und der Gesundheit der Bürger.”
Da Buch ist seitenstark und inhaltsschwer. Eine Schwäche ist allerdings, dass wichtige Aussagen nicht belegt werden oder Zitate nur mit einem Verweis auf das Literaturverzeichnis versehen sind ohne die Seite im betreffenden Buch korrekt anzugeben. Ähnlich verhält es sich mit Ergebnissen von Studien, die in Indien durchgeführt wurden. Weil genauere Angaben zum gewählten Design und den eingesetzten Methoden fehlen, ist es nahezu unmöglich sie nachzuvollziehen und mit anderen Studien zu vergleichen. Trotzdem ist das Buch ein eindrückliches Plädoyer für eine Landwirtschaft, die dem Leben wirklich dient.