Dass wir in einem materiellen Leib lebende Wesen sind, begründet in erster Linie unsere darum existenzielle Zugehörigkeit zur ganzen Welt. Wir sind ein untrennbares Teil von ihr. Von unseren Bedürfnissen ist das wichtigste das der Ernährung. Wir sind auf Nahrungsmittel angewiesen. Nun sehen wir uns mittlerweile mit einer Rechnung konfrontiert, die das exponentiell fortschreitende Wachstum der Bevölkerung in ein Verhältnis zu den zur Verfügung stehenden Ackerflächen setzt. Hin und wieder kann das aufklaffende Problem zwar noch damit beschönigt werden, dass die Verantwortung für den zunehmenden Hunger mit der vorherrschenden Verteilungsungerechtigkeit begründet wird, aber diese Argumentation wird sicherlich nicht mehr sehr lange tragen. Was also tun?
Neben Vorschlägen für einen gemäßigten, suffizienten (von lat. sufficere, dt. ausreichen) Konsum und ein bewusstes Haushalten mit dem bislang Möglichen, hat man damit begonnen, an einer verwegenen Idee zu arbeiten. Könnte es in Zukunft möglich sein, Lebensmittel synthetisch, also gänzlich ohne Natur, herzustellen? Das so genannte „Food Design“ findet in dieser speziellen Entwicklungsrichtung möglicherweise seine vermutlich profitabelste Sparte. In den ersten, bestens finanzierten Start Ups (namhafte Größen des Wirtschaftslebens wie Bill Gates und der Google-Investor Peter Thiel gehören zu den Leadinvestoren) werden Lebensmittel produziert und bereits in den Markt gebracht, die für die allermeisten Menschen (noch) gehörig Grund zum ekeln liefern: Künstliches Rührei, Burgerfleisch aus der Retorte (gezüchtet aus Stammzellen von Rindern), künstlicher Käse, Hühnchenfleisch, das in Wahrheit keines ist, Fische, Krabben usw. „Meat the Future“ ist der Werbeslogan einer der Firmen, die sich mit modernster Labortechnik daran begeben haben, die Welternährungsfrage ebenso zu lösen, wie die Massentierhaltung abzuschaffen. Ethische Bedenken (von Tier- und Naturschützern) werden eben auch gekonnt bemüht, um die neue Industrie zu rechtfertigen!
Neben den inzwischen schon allerorten verfügbaren und verwendeten pflanzlichen Würstchen mit Fleischgeschmack oder der Eimasse auf der Basis von Erbsen, Hirse und neun weiteren Pflanzen (die globale Verbrauchsmenge von jährlich 1,3 Billionen Eiern von Legehennen könnte reduziert werden) wird die Entwicklung im Labor noch wesentlich weiter getrieben. Ausgehend davon, dass wir Menschen den allergrößten Teil der von der Natur photosynthetisch erzeugten Produkte für unsere Ernährung bislang nicht nutzen (Holz können wir nicht essen), stellt sich die Frage, was technisch unternommen werden könnte, um es dennoch zu tun. Darüber hinaus hat man sich sogar auch noch daran gemacht, Verfahren dafür zu entwickeln, Nahrungsmittel aus Kohle, Erdöl und Erdgas zu entwickeln. Damit wäre es rein rechnerisch möglich, einen Menschen ein ganzes Jahr lang für einen Preis von rund einhundert Dollar satt zu bekommen. Die Produktion solcher konzentrierter Nahrungssubstanzen (Pille genügt!) erfordert zwar noch gewaltige Investitionen, verheißt den Investoren aber zugleich auch exorbitante Gewinne.
Die eingeschlagene Richtung wird immer weiter dahin führen, dass sich der Mensch von der Natur abkoppelt wo er nur kann. Dann braucht man auch nicht mehr über die Steigerung von Erträgen auf immer knapperen Flächen nachzudenken, denn der „Nährwert“ des Kunstessens ließe sich bei gleichen oder sogar deutlich geringeren Mengen traumhaft ins noch Undenkbare steigern. „Meat the future“!